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Moses Lake

Moses Lake Book Cover Moses Lake
Wingate, Lisa
Roman
SCM Hänssler
Juni 2014
Paperback
384

Die Sozialarbeiterin Andrea Henderson zieht mit ihrem Sohn an den schönen Moses Lake. Nach ihrer Scheidung will sie ein neues Leben beginnen. Doch das Einleben gestaltet sich schwieriger als erwartet, sowohl beruflich als auch privat. Zum Glück lernt Andrea den attraktiven Ranger Mart McClendon kennen. Er hilft ihr bei der Bearbeitung eines mysteriösen Falls. Doch als die Ereignisse sich dramatisch zuspitzen, kann auch er nicht verhindern, dass Andrea in eine äußerst gefährliche Situation gerät … Ein spannender, humorvoller und tiefgründiger Roman voller liebenswerter Charaktere.

Nach dem ich für den SCM Shop Fallersleben beschlossen hatte, den Romansektor auszubauen, unsere “Romanoffensive” zu starten, war mir klar, dass eine Menge Arbeit auf mich zukommen würde.

Allerdings eine Arbeit, die nur teilweise als solche würde bezeichnet werden können. Ich spreche vom Lesen. Zwar habe ich in meinem Leben schon eine ganze Reihe Romane gelesen, bis vor drei Jahren aber zugegebenermaßen nicht unbedingt solche, die unter die Rubrik “christlich” eingestuft werden konnten. Vor langer Zeit las ich überwiegend Science Fiction Romane, die sich mit der sog. “psycho-sozialen (weichen) SF” auseinandersetzten. Wer also bei Science Fiction sofort an “Star Wars” oder “Raumschiff Enterprise” gedacht hat, liegt zwar nicht ganz falsch, hat aber das falsche Teilsegment der SF erwischt: die sog. “harte SF”. Raumschiffe, Planeten, Außerirdische, Technik bestimmen diese Art der Science Fiction. Vertreter der “psycho-sozialen SF” sind dem Mainstreampublikum oft gar nicht bekannt, von George Orwells “1984” oder Aldous Huxleys “Schöne neue Welt” einmal abgesehen.

Nun, mir gefielen diese “weichen SF” Romane schon immer besser. Ray Bradburys “Geh nicht zu Fuß durch stille Straßen”, William Rotslers “Ein Patron der Künste” oder Robert Heinleins Spätwerk “Die Zahl des Tiers” übten immer eine größere Faszination auf mich aus, als Perry Rhodan. (Den ich allerdings auch gelesen habe).

Wahrscheinlich liegt das daran, dass mich Menschen und was sie tun, wie sie miteinander umgehen und welche Auswirkungen diese Dinge haben, immer noch ein Stück mehr interessiert haben, als welche Möglichkeiten der Weltraumreise wir in 125 Jahren haben werden.

Mit Beginn meiner “Romanoffensive” kam nun (verstärkt) eine Literaturgattung auf mich zu: der christliche Roman. Sicherlich habe ich in den letzten Jahren einige christliche Romane gelesen und auch hier im Blog besprochen, hochgelobt und (natürlich) verkauft. Denn auch in diesen Romanen geht es letztlich immer um Menschen und deren Verhalten.

Was ist nun aber anders an den Romanen der “Romanoffensive”?

In erster Linie sind sie wohl für ein vorwiegend weibliches Publikum geschrieben und konzipiert. Liegt das daran, dass Frauen allgemein eine größere soziale Kompetenz und empathisches Verhalten nachgesagt werden? Oder sind Frauen einfach nur ansprechbarer auf Geschichten mit Herz und Gefühl? – Vermutlich eine Mischung aus beidem.

Heisst das nun, dass Männer diese Fähigkeiten nicht haben und sich zwangsläufig auch nicht für Geschichten mit diesem Einschlag interessieren? Oder ist es einfach “unmännlich” solche “Schmachtfetzen” zu lesen? – Auch hier möchte ich mich nicht festlegen.

Ich denke, die Art Romane, die von den verschiedenen christlichen Verlagen – hier besonders der führende Verlag der Franke Buchhandlung – unterscheiden sich, oberflächlich betrachtet, nicht all zu sehr von den (Frauen-)Romanen säkularer Verlage. Doch beim genaueren Hinschauen, erkennt man, dass die Geschichten zwar auch hier meist eine ausgeprägte emotionale Komponente haben, sich darüber hinaus jedoch sehr abheben.

Glaube und (christliche) Werte besitzen in ihnen einen meist höheren Stellenwert, als in der Mainstreamliteratur. Das bedeutet keinesfalls, dass jeder “christliche” Roman mit einer klaren evangelistischen Botschaft daherkommt oder vor der Realität “der Welt” die Augen verschließt und sich in einem Wolkenkuckucksheim der christlich-verklärten Glückseeligkeit ergießt.

Nein. In guten christlichen Romanen wird oft die schöne Seite des Lebens gezeigt und Konflikte ergeben sich aus den rel. kleinen Sorgen und Nöten der Menschen. So wie in “weltlichen” Romanen auch. Nur zeigen sie im Umgang mit diesen Nöten einen gänzlich anderen Ansatz und bringen Lösungswege, die für Otto Normalverbraucher, der durch die ständige Berieselung mit – aus christlicher Sicht – doch recht bedenklichen Wertvorstellungen zubombardiert wird, ungewohnt anmuten. Dennoch werden diese Konflikte gelöst und werden, eben weil sie vom christlichem Glauben geprägt sind, nachhaltiger beseitigt.

“Christliche Romane” sind i.d.R. bereits am Cover zu erkennen. Oft etwas “zuckersüß”, voller “Rüschen” und wallenden Kleidern kommen sie daher. Aber beileibe nicht alle. Und so fiel mir “Moses Lake” schon durch sein Cover auf, dass sich von der Einheitsware positiv abhebt. Eine junge Frau unserer Tage mit windzerzaustem Haar und einer großen Tasse Tee in der Hand. So war ich gespannt, wie es um christliche “Gegenwartsromane” steht und began mit dem Lesen.

“Moses Lake” ist die Geschichte der Sozialarbeiterin Andrea Henderson, die mit ihrem Sohn Dustin nach ihrer Scheidung in das Haus ihrer Eltern am besagten Moses Lake zieht, um ein neues Leben zu beginnen. Dort trifft sie auf den Ranger Mart McClendon, der nach dem Tod von ihm nahestehenden Menschen in seiner “alten Heimat” versucht, über den Verlust hinwegzukommen. Die beiden kommen sich durch Dustin und einer gemeinsamen Angelegenheit, die mit Andreas Tätigkeit beim Sozialamt zu tun hat, näher.

Neben der Beziehung zwischen den beiden Hauptpersonen spielt die erwähnte “Angelegenheit” eine tragende Rolle in “Moses Lake”. Sie gibt der gesamten Handlung einen spannenden Touch und sorgt für einen entsprechend spannenden Höhepunkt am Ende des Buches.

“Moses Lake” lässt sich gut lesen und hat eine Besonderheit, die sofort auffällt: die Kapitel des Romanes werden abwechselnd aus der Sicht von Andrea und Mart aus der Ich-Perspektive heraus erzählt. Ganz oft findet der Wechsel eines Kapitels, also der Wechsel der Sichtweise der handelnden Personen, mitten in einer Situation statt. Es ist, als übergäbe die Autorin den Staffelstab an die andere Hauptperson. Das ermöglicht dem Leser, ein und die selbe Szene unmittelbar aus zwei verschiedenen Blickwinkeln zu erleben.

Andrea und Mart haben beide ihr Päckchen aus der Vergangenheit zu tragen und besonders Andrea fällt es schwer, sich auf eine neue Beziehung einzulassen. Zu sehr stellt sie die Bedürfnisses ihres Sohnes Dustin über ihre eigenen. Es fällt ihr auch schwer zu akzeptieren, dass Dustin kein kleiner Junge mehr ist. Zu oft stellt sie fest, dass er Dinge tut, die sie nicht mag, die sie aber an ihre eigene Jugend erinnern. Sie sieht sich selbst in den Handlungen des Sohnes und merkt, wie sehr diese Erkenntnis an ihr nagt.

“Moses Lake” ist ein Roman über Menschen und ihr Schicksal. Es ist ein Roman darüber, wie wir durch unsere Vergangenheit geprägt werden, was gut ist. Aber auch darüber, wie unsere Vergangenheit nur zu oft unsere Gegenwart und Zukunft negativ beeinflusst, weil wir nicht loslassen können.

Hierzu ein kleiner Auszug aus dem Roman, der mich sehr ansprach und der den Geist des Buches (so wie es bei mir angekommen ist) wiedergibt:

“Fast mein ganzes Leben lang hatte ich mich auf die Dinge konzentriert, die meiner Meinung nach anders, besser, leichter, weniger schmerzhaft sein sollten, oder auf die vielen Bereiche, in denen ich mich meiner Meinung nach ändern müßte. Aber wenn man sich ständig den Kopf darüber zerbricht, was sein sollte, versäumt man das, was man hat. Ich hatte Momente wie Birdies Erlebnis mit der Raupe unbemerkt verstreichen lassen, ohne sie zu genießen. Ein Moment, den man nicht schätzt, ist ein verlorener Moment. Ich hatte viel zu viele Momente in meinem Leben vergeudet.

“Moses Lake” zeigt einmal mehr, wie wichtig die oft als zu klein bewerteten Dinge des Lebens sind. Dinge, die sich mit Geld nicht kaufen lassen, aber das Leben so unendlich wertvoll machen. Wie Liebe, Freundschaft, Glaube und eine Heimat.

Noch ein kleiner Auszug:

“Für Menschen, die ein wenig länger hier bleiben, fügen sich die Berge und die Täler, das Wasser und die Menschen wie eine alte Quiltdecke zusammen, die sich warm und bequem um die Schultern schmiegt. Die Sicherheit gibt. Nach einer Weile ist das kein Geheimnis mehr. Man weiß einfach, dass man an der richtigen Stelle ist. Man fühlt es tief in seiner Seele.”

Mein Fazit: Christliche Romane sind mehr als oberflächliche und seichte Unterhaltung. Man kann auch aus dieser Literatur etwas “fürs Leben” mitnehmen. Auch wenn es manchmal “nur” ein gutes Gefühl ist. Welches Buch kann das schon?

“Moses Lake” kann das.

Bis demnächst

Andreas

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Andreas König

Blogger, Freelancer, ehem. Buchhändler. Interessiert. Selbstdenker.

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