Ute Aland
Roman
Brunnen Verlag
Januar 2015
Gebunden
240
9783765509117
Sara glaubt, in einer kleinen charismatischen Gruppe endlich Christen gefunden zu haben, die Jesus jenseits aller Religiosität folgen wollen. Sie erlebt das Wirken des Heiligen Geistes, befreit sich aus alten Abhängigkeiten und ist rundum auf Erfolgskurs.Sara ist sicher: Wenn sie sich dem Leiter der Gruppe, Dan, ganz anvertraut, kann sie nichts mehr aufhalten, ihren Platz in Gottes Plan auszufüllen. Dan weiß auf alles eine Antwort, alles scheint ihm zu gelingen. Ein gesalbter Mann. Was für ein Vorrecht, zu seinen Schäfchen zu gehören. Doch was so aufregend beginnt, endet schließlich in einem Albtraum. Mit subtilen Mitteln werden Sara und die anderen in immer stärkere Abhängigkeit getrieben. Statt des versprochenen Erfolges stellt sich Verzweiflung ein, Saras Leben ist nur noch ein Scherbenhaufen. Erst mithilfe von Ben und seiner hartnäckigen Liebe gelingt es ihr, sich von der Gruppe zu lösen und zur Freiheit des Glaubens zurückfinden.
“Geistiger Missbrauch” – hört sich ja schon ganz schön fies an.
So dachte ich, als ich das erste Mal von Ute Alands Roman “Die Gottesversprecher” erfuhr. Aber lesen wollte ich ihn unbedingt.
Erzählt wird die Geschichte der jungen Sara, die sich einer charismatischen Gruppe anschließt und gar nicht merkt, was dort mit ihr geschieht.
Also vorweg möchte ich sagen, dass der Roman zwar laut Aussage der Autorin auf wahren Begebenheiten beruht, aber ich davon ausgehe, dass nun nicht gleich alle “charismatischen Gruppen” an den Pranger gestellt werden sollten. Geistiger Missbrauch wird in gleicher oder ähnlicher Form auch in anderen christlichen (und nicht christlichen!) Gruppen auftreten – und diverse Meldungen bestätigen diese Vermutung ja auch (leider) hin und wieder.
Uta Aland will sicher nicht anprangern, beschreibt jedoch in anschaulicher Weise und noch dazu in einer (trotz des Themas) netten Romanhandlung verpackt, wie geistlicher Missbrauch ablaufen kann. Sara, die “Ich-Erzählerin” aus “Die Gottesversprecher” blickt auf einen großen Abschnitt ihres Lebens zurück. Das wird gleich im Prolog des Buches klar. Als Leser kann man also davon ausgehen, dass die Geschichte (letzendlich) doch gut ausgeht. Das nimmt eine ganze Menge Anspannung aus dem Buch. Denn, das wollen wir nicht vergessen, geistiger Missbrauch ist kein Zuckerschlecken. Und ich hätte auch nicht 240 Seiten lesen wollen, um sie dann anschließend depressiv zuzuklappen. In sofern danke ich Ute Aland, dass sie den Leser gleich zu Beginn wissen lässt: die Ereignisse des folgenden liegen in der Vergangenheit und sind (vordergründig) überwunden.
Im Folgenden werden die Ereignisse der vorhergehenden neun Jahre geschildert. Sara ist “auf der Suche”. So wie viele von uns und Menschen überhaupt. Sie gelangt an die eingangs erwähnte “charismatische Gruppe” und wird dort total angenommen und gefördert. Sie kommt im Beruf und mit ihrer Karriere voran, hat eine tolle Wohnung und ein schickes Auto. Alles ist gut. Leben auf der Überholspur quasi als “priviligiertes Kind Gottes”. Warnungen von Freunden und Eltern, die Saras Umgang nicht besonders gut heißen, werden in den Wind geschlagen. Schließlich sind es doch alle Christen, mit denen Sara sich umgibt….
Dummerweise wird aber schon sehr schnell klar, dass an der ganzen Gruppe irgendetwas nicht koscher ist. Als Leser merkt man das recht schnell und wundert sich gleichzeitig, warum Sara das nicht ebenfalls registriert. Sie ist doch nicht auf den Kopf gefallen?
Letztendlich merkt sie, was mit ihr geschieht, wie sich ihr Leben in einer Art und Weise verändert, wie sie es nicht gedacht hatte. Und plötzlich ist da gar nichts mehr so rosig, wie es war. Sie ist allein und erkennt, was man ihr angetan hat. Wird es schaffen aus den Fängen ihrer “Freunde” zu entkommen?
Bei der Lektüre fragte ich mich immer wieder: “Merkt das Mädel, denn gar nicht, was mit ihr gemacht wird?”
Meine Vermutung ist, dass Menschen, die auf diese Art und Weise ausgenutzt werden, es schlicht und ergreifend nicht merken. Denn so ein Missbrauch geschieht nicht von heute auf morgen, sondern schleichend und langsam. Es gibt ja die bekannte Frage, wie man ein Frosch kocht. Die Antwort ist, dass man ihn nicht einfach ins kochende Wasser werfen darf, denn dann springt er sofort wieder hinaus. Man muss ihn stattdessen ins kalte Wasser setzen und dieses dann ganz langsam erhitzen, sodass er die Temperatursteigerung erst wahrnimmt, wenn es zu spät ist.
So ähnlich stelle ich mir das mit dem geistigen Missbrauch vor. Langsam, stetig und ganz allmählich. Und irgendwann wacht der Betroffene dann (hoffentlich) auf und merkt, wo er drin steckt.
Uta Aland hat für mich durch “Die Gottesversprecher”, solche Vorgänge in anschaulicher Weise und durchaus humorvoll in Szene gesetzt und transparent gemacht. Wer sich mit dem Thema geistigen Missbrauch und Manipulation auseinandersetzen möchte oder diesen Themen überhaupt erst mal kennen lernen will, ist mit “Die Gottesversprecher” gut bedient ohne – wie schon erwähnt – hinterher despressiv zu werden.
Lesenwert!
Bis demnächst
Andreas