Dorothea Morgenroth
Roman
Gerth Medien
Februar 2017
Gebunden
256
9783957341907
Die alleinstehende Esther führt ein beschauliches Leben, doch in ihrem Herzen wächst die Unzufriedenheit. Soll das schon alles gewesen sein? Als sie einen Brief ohne Absender erhält, ist sie von den Zeilen zutiefst berührt. Nahezu zeitgleichzeitig wird ihr Leben auf den Kopf gestellt … Ein eindrucksvoller Roman.
Ein recht unscheinbares Buch. So kam mir Dorothea Morgenroths “Ein Brief für dich” zuerst vor. Da es jedoch die Empfehlung eines befreundeten Verlagsmitarbeiters war, ließ ich mich darauf ein. – Vorweg: ich habe es nicht bereut!
So wie das schlichte, in gedeckten Farben gehaltene Cover von “Ein Brief für dich” daherkommt, geht es auch im Buch weiter. Nach der Lektüre kommt mir immer wieder das Wort “Kammerspiel” in den Sinn. Warum das so ist? Ich weiß es ehrlich gesagt gar nicht. Und doch ist diese Bezeichnung – für mich – sehr stimmig.
In “Ein Brief für dich” geht es nicht um die große, weite Welt. Es kommen keine Promis, Stars und Sternchen vor. Es werden keine kontinentübergreifenden Verfolgungsjagden vorgenommen, es geschehen keine actiongeladenen Eskapaden.
“Ein Brief für dich” handelt von ganz normalen Menschen. In diesem Fall um drei. Ester, Walter und Hajo. Sie leben nicht in Luxusvillen, fahren keine noblen Sportwagen. Sie arbeiten im Drogeriemarkt an der Kasse. Sie wohnen in kleinen mehr oder weniger abbezahlten Häusern. Und sie tragen jeder für sich sein “Päckchen” mit sich herum.
Da ist Esther, deren Mann sie vor langer Zeit verlassen hat und die jetzt, nach dem Auszug der letzten Tochter, plötzlich allein im Haus ist.
Da ist Walter, dessen Frau gestorben ist und der sich zu einem grantelnden, alten Griesgram entwickelt hat.
Da ist Hajo, der schwer mit der Schuld seines Vaters zu kämpfen hat und nach Vergebung sucht.
Ach ja – und da ist noch eine alte Dame im Rollstuhl, die Briefe schreibt. Anonym und ohne bestimmten Empfänger. Sie schreibt Briefe mit ermutigenden oder ermahnenden Worten an unbekannte Empfänger. Sie führt mit ihrem Sohn dann eine Art “Briefkastenlotto” durch und wirft die Briefe dort ein, wo sie den Eindruck hat, dass dort der richtige Empfänger dafür wohnt.
Und diese Briefe machen etwas mit den Empfängern. Sie bringen sie zum Nachdenken.
Obwohl diese Briefeschreiberin, bezogen auf den Buchtitel “Ein Brief für dich”, eigentlich im Vordergrund stehen müsste, ist dies jedoch nicht so. Die wahren Hauptpersonen des Romans sind Esther, Walter und Hajo – naja und vielleicht noch “Keiner Onkel” (kein Schreibfehler!). Aber das ist eine andere Geschichte.
“Das Schicksal” führt die drei Menschen – und die Briefe – zusammen. Und wie die Autorin das darstellt, erinnert mich eben an ein Kammerspiel. “Ein Brief für dich” spielt in einem kleinen, Ottonormalverbraucher Städtchen. Es handelt von normalen Menschen mit Ängsten und Wünschen und Verletzungen. Klingt jetzt unheimlich kompliziert und schwer zu lesen. Ist es aber nicht!
“Ein Brief für dich” lässt sich sehr gut lesen und wir werden mitgenommen in die Welt der Protagonisten. Alles beginnt damit, dass Walter vom Pech verfolgt wird und Esthers Heizung ausfällt – kurz vor dem Winter. In dieser Situation kommen beide zusammen und können sich gegenseitig helfen. Und dann ist da ja noch Hajo, der einem Geheimnis auf der Spur ist…
“Ein Brief für dich” ist ein ungewöhnlicher Roman und das macht ihn gerade so interessant. Ich bin jedenfalls dran geblieben und erlebte einige Stunden mit echten Menschen, die ihren Glauben leben und letztlich auch nur Glück und Annahme suchen.
Trotz eines recht dramatischen Ende gibt es aber dennoch ein Happy End.
“Ein Brief für dich” ist eine besondere Empfehlung für Freunde “menschlicher Unterhaltungsliteratur” – schöne Wortschöpfung, oder?
Viel Spaß beim Lesen!
Andreas