Mehr Geld als Verstand
Brockhaus, Nena
Sachbuch
FinanzBuch Verlag
28.01.2025
Softcover
176
9783959727877
Der Mensch ist träge. Er muss leiden, am eigenen Leib spüren, dass es so nicht weitergeht, bevor er sich bewegt. Der Mensch ist in diesem Fall Deutschland. Wir sind eines der vermögendsten Länder der Welt, treten nach außen gönnerhaft auf, aber in unserem Land türmen sich die Probleme. Zu lange schon lebt die deutsche Politik nach dem »Mehr Geld als Verstand«-Prinzip. Die bekannte Journalistin, Fernsehmoderatorin und Bestseller-Autorin Nena Brockhaus begibt sich auf die Suche: Was passiert eigentlich mit unserem Geld? Wie konnten allein die Beraterkosten innerhalb von sieben Jahren um 450 Millionen Euro ansteigen? Wie viele Geschenke ohne Gegenleistung macht Deutschland ans Ausland? Und ist »Made in China« das neue »Made in Germany«? Wer dieses Buch gelesen hat, ist fit für jede politische Debatte!
Das ist so eine Sache mit dem sauer verdienten Geld.
Das meiste von dem, was nach den Abzügen vom Brutto übrig bleibt, geht schon mal für die Wohnung drauf. Und für das Essen und die Kleidung. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Posten ist der Freizeitbereich mit Smartphone, Internet und Streaming. Dann sind da vielleicht noch laufende Kosten für das Auto oder die Monatskarte, eventuell noch ein Kredit. Unter dem Strich bleibt oft so gut wie nichts – und bei vielen Menschen gar nichts – am Ende des Monats übrig. Zumindest bei der Masse derer, die sich jeden Morgen aus dem Bett quälen und einer geregelten Arbeit nachgehen.
Dann gibt es eine ganze Reihe von Menschen, die morgens liegen bleiben können / könnten, weil sie keine Arbeit haben. Auch da bleibt wenig bis nichts am Monatsende vom Geld übrig. In diesem Fall vom Geld, das sie aus Steuermitteln erhalten, damit sie überhaupt überleben können. Dies verdanken sie dem Sozialstaat.
Des Weiteren ist dann noch eine Gruppe, die über viele Jahre hinweg zur ersten Gruppe, der „arbeitenden Bevölkerung“ gehörte und die nun als Rentner und Ruheständler ebenfalls Geld vom Sozialstaat bezieht. Dabei hat sie immer noch die gleichen Ausgaben wie vorher, auf Grund des geringeren Einkommens (Rentenniveaus), oft jedoch weniger als zu aktiven Arbeitszeiten übrig.
Und dann gibt es noch eine Gruppe, bei der es, glaubt man den zahlreichen Berichten verschiedenster Quellen, noch mal anders läuft. Die gehen, anscheinend bewusst, keiner geregelten Arbeit nach und leben dabei besser als die vorgenannten Gruppen. Dies verdanken sie ebenfalls dem Sozialstaat.
Wir haben in Deutschland also, vereinfacht ausgedrückt, eine Gruppe von Menschen, die durch Arbeit Einkommen erzielt und Abgaben für den Sozialstaat erwirtschaftet. Allein die Tatsache, dass es noch die anderen eben beschriebenen Gruppen gibt, lässt schon vermuten, dass es hier eine Schieflage geben könnte. Denn die Anzahl Gruppen, die offenbar mehr aus dem Sozialstaat erhalten, als sie selbst hineingeben, ist größer, als die Anzahl Gruppen, die mehr in den Sozialstaat hineingeben, als sie daraus erhalten.
Um richtig verstanden zu werden: ich stelle hier lediglich fest, ohne eine Bewertung vorzunehmen.
Es scheint also eine Diskrepanz zu bestehen zwischen dem, was „der Sozialstaat“ einnimmt und dem, was er ausgibt. Nun hat dieser Sozialstaat nicht nur Aufgaben in diesem Sektor, sondern noch viele andere. „Staatsaufgaben“.
Um diesen nachkommen zu können, benötigt er Geld. Mehr als das, was er über die Einnahmen aus den Abgaben der o.g. ersten Bevölkerungsgruppe erhält. Diese Einnahmen bekommt er über Steuern und Abgaben, die von allen genannten Gruppen, zusätzlich zu deren vorhandenen Abgaben, geleistet werden. Und zwar mehr oder weniger unfreiwillig über die zahlreichen „versteckten“ Steuern im täglichen Leben. Z. B. der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer), die in allen Produkten und Dienstleistungen enthalten ist, die zum täglichen (Über)leben gehören.
So füllt „der Staat“ also sein Konto und erzielt Einkommen, wie jemand der einer Arbeit nachgeht.
Statt nun Steuern zu zahlen, Miete, Essen, Kleidung und Auto zu finanzieren, hat er, der Staat, nun andere Ausgaben zu tätigen. Zum Beispiel für den Sozialstaat. Aber auch für Infrastruktur, also Straßen, Klärwerke, Kraftwerke, Polizei, Feuerwehr, Justiz, Bundeswehr und vieles mehr.
Nun haben wir bereits eingangs gesehen, dass es schon im Bereich Sozialstaat Diskrepanzen zwischen Einnahmen und Ausgaben gibt, da die Einnahmenseite kleiner als die Ausgabenseite ist. Wir haben dabei die anderen Bereiche noch gar nicht mit betrachtet. Zwar fließen „dem Staat“ dafür noch die erwähnten „versteckten“ Steuermittel zu, aber wir ahnen, dass es da zu Engpässen kommen könnte.
Eigentlich ganz klar, dass hier kluges, sparsames Wirtschaften angesagt ist.
Sollte man meinen.
Denn wer sich einmal näher mit dem Ausgabeverhalten „des Staates“ beschäftigt, kann nur noch die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und muss fragen, ob jene, die Staatsgelder verwalten, noch ganz bei Verstand sind.
Eben damit hat sich die Journalistin Nina Brockhaus in ihrem Buch „Mehr Geld als Verstand“ auseinandergesetzt.
Beim Lesen war ich gefühlt ständig am Klatschen. Entweder schlug ich die Hände über dem Kopf zusammen oder fasste mich an die Stirn angesichts der Dinge, die Nina Brockhaus offenlegt. Alles belastbare Zahlen und Fakten. Ich hatte schon immer das Gefühl, dass „der Staat“ kein reines Einnahmenproblem, sondern größtenteils ein Ausgabenproblem hat; dass er zu großzügig mit den ihm anvertrauten Geldern umgeht. Diese Vermutung bewahrheitete sich auf jeder Seite des Buches.
Was dort an oft hahnebüchenden Dingen vorgelegt wird, erscheint manchmal total unwirklich, wenn man bedenkt, dass „die Politik“, also die Geldverwalter, doch fähige Köpfe sein sollten.
Offenbart ist dies nicht der Fall.
Und das ist das „Gefährliche“ an diesem Buch: es macht wütend. In mancherlei Hinsicht.
Zum Einen natürlich darüber, dass auf der einen Seite Geld für essentielle Dinge wie Gesundheitswesen, Pflege und Infrastruktur „fehlt“ und zum anderen darüber, wofür Geld ausgegeben wird. Ich will nicht schon wieder die überstrapazierten peruanischen Radwege aufführen, denn die Dinge zum Hände über dem Kopf zusammenschlagen sind noch schlimmer, als die Radwege.
Das kann man sich gar nicht ausdenken.
Ja, Politik ist ein schwieriges Geschäft. Und ja, man kann es nicht jedem recht machen. Irgendjemand, irgendeine Gruppe, irgendeine Lobby wird immer aufheulen. Heulen können wir Deutsche ja besonders gut.
Dennoch kann es doch nicht sein, ständig mehr Geld ausgeben zu wollen, als man einnimmt. Kein privater Haushalt kann so wirtschaften. Sicher hat dieser weniger Verpflichtungen als ein Staat. Ist schon klar. Aber das Prinzip bleibt doch dasselbe: was du nicht hast, kannst du nicht ausgeben.
Das sehen Politiker offenbar anders. Ein Staat kann, im Gegensatz zum „kleinen Mann“ notfalls Geld drucken. Im übertragenen wie im wörtlichen Sinne. Das ändert aber nichts am Grundproblem, dass mehr ausgegeben als eingenommen wird.
Dabei haben wir einen Aspekt nicht aus den Augen zu verlieren.
Was geschieht mit Menschen, die zusehen müssen, wie der Staat „ihr sauer verdientes Geld“ mit scheinbar vollen Händen zum Fenster hinauswirft?
Was geschieht, wenn jede neue Regierung im Grunde genommen weitermacht, wie die vorhergehende?
Immer das gleiche weiterzumachen und andere Ergebnisse zu erwarten, ist bekanntlich die reinste Form des Wahnsinns.
Doch genau das geschieht in Deutschland. An einigen Stellen wird öffentlichkeitswirksam geschraubt, um an anderen Stellen erneut das berühmte Geld aus dem Fenster zu werfen. Exorbitante Schuldenberge dann als „Vermögen“ zu verkaufen, überschreitet dabei die Grenze einer einfachen „Frechheit“ bei Weitem.
Die Menschen im Land registrieren das sehr wohl. Und das macht etwas mit ihnen. Sie werden nämlich wütend.
Und wo es wütende Menschen gibt, sind jene, die es verstehen diese Wut zu nutzen, meist nicht weit entfernt. Man tut sich zusammen und begehrt auf, will gehört werden.
Doch anstatt gehört zu werden, werden diese Menschen ignoriert. Vermutlich nicht deshalb, weil sie unrecht haben, sondern weil jene, welche die Wut dieser Menschen ernst genommen und ihr ein Zuhause gegeben haben, noch andere Ziele verfolgen.
Wenn die Wut und der Frust der Menschen jedoch nicht ernst genommen und nicht aufgegriffen werden und sie nur bei denen Gehör finden, die noch andere Ziele für den Staat verfolgen, als sie für unser Zusammenleben gut wären, dann wird die Sache brenzlig.
„Mehr Geld als Verstand“ beschäftigt sich mit diesen Themenkreisen zum Teil etwas weniger als ich es hier getan habe, spricht sie dennoch an und sieht sie. Das Buch öffnet Augen und lässt einen kopfschüttelnd und auch etwa ratlos zurück.
Man registriert die ganzen Fakten, ist sicher, dass etwas geschehen muss, es ein weiter wie bisher nicht mehr geben darf. Und man fragt sich, was man tun kann, um das drohende Unheil aufzuhalten.
Auf die Straße gehen und Rabatz machen? Die linken Antikapitalisten wählen, die den Staat ganz abschaffen möchten? Die neuen Rechten unterstützen, die „mit eisernem Besen“ aufräumen wollen?
Ich persönlich denke, dass es so wie bisher nicht weitergehen darf. Das Ausgabeproblem muss in den Griff bekommen werden. Das wird weh tun und der Aufschrei wird groß sein. Doch anders wird es nicht gehen.
Wer arbeiten kann, muss arbeiten und seinen Beitrag leisten. Wer das nicht kann, soll unterstützt werden, so gut es geht. Wer es nicht will, muss sehen wie er weiterkommt. Oder wieder gehen, falls er nicht von hier ist.
Jede Einnahme des Staates gehört auf den Prüfstand, um die Belastungen für Wirtschaft und Bevölkerung zu senken. Jede Ausgabe gehört auf den Prüfstand, um die Finanzen in den Griff zu bekommen. Jedes Handeln, jede Entscheidung gehört auf den Prüfstand: dient es dem deutschen Volk, also all jenen, die hier leben und sich einbringen möchten, oder nicht?
Jeder Rettungssanitäter, jeder Feuerwehrangehörige, jede Notärztin, jede Pflegekraft und auch jeder Staat müssen erst einmal selbst fit und leistungsfähig sein, um anderen helfen zu können.
Der deutsche Staat ist aber nicht mehr leistungsfähig. Das sehen wir überall und wir merken die Auswirkungen immer mehr.
Was uns fehlt ist nicht Geld. Sondern Verstand.